Das maurerische Geheimnis beruht auf dem philosophischen Begriff der inneren Erleuchtung, deren Werdegang mit der Aufnahme beginnt. (Oswald Wirth)

Das maurerische Geheimnis verpflichtet so eindringlich zum Schweigen, dass die Freimaurer nicht einmal Unstimmigkeiten, ja sogar Verleumdungen, die über sieverbreitet werden, beantworten – schreibt Jean-Pierre Bayard. Dank diesem Geheimnis und dieser Zurückhaltung konnten zahlreiche Autoren die schlimmsten Hirngespinste über unseren Orden veröffentlichen. Auf Grund dieses Geheimnisses konnten andere in der Freimaurerei eine Geheimgesellschaft sehen, die etwa dieselben Frevel begeht wie die weltlichen Geheimgesellschaften politischer Richtung.

Der Schleier, der das maurerische Geheimnis umgab, hat im Laufe der Jahrhunderte so viele und so heftige Kommentare hervorgelockt, weil einer der Eide in der Loge besagt, dass der Aufgenommene das Geheimnis nicht verraten darf bei Todesstrafe durch Halsabschneiden. Diese symbolische Übertreibung ist oft wörtlich genommen worden. Tatsächlich erlaubte dieses Gelübde einst die schlimmsten Vermutungen – wenn man von dem Zusammenhang und den Umständen einer Einweihung absieht.

In einem Ritual der Hochgrade finden wir diese Frage: Wäre es ein Unglück, wenn ein Mann, der uns verstehen kann, unser Geheimnis entdeckte? Die rituelle Antwort lautet: Das wäre ein Segen, denn aus ihm wäre ein zusätzlicher Bruder. Der Humor hat nie vor den Toren der ehrgeizigsten Gesellschaften Halt gemacht.

Quelle: Handbuch des Freimaurers; Forschungsgruppe Alpina (FGA)